Kategorien: FreizeitWissenschaft

“Restart-19”: Konzertsimulation in Leipzig mit strengen Hygieneauflagen

Hunderte Menschen warten am Samstagmorgen vor der QUARTERBACK Immobilien Arena in Leipzig auf Einlass. Tim Bendzko spielt gleich mehrere Konzerte für die Wissenschaft. „RESTART-19“ – so der Name des Forschungsprojekts der Universitätsmedizin Halle an der Saale. Wie groß ist das Ansteckungsrisiko bei Großveranstaltungen? Wie können Events der Zukunft aussehen? Das soll der heutige Tag zeigen.

Während die einen schon auf ihren Plätzen sitzen, stehen andere noch vor der Halle. Bevor man an der Studie teilnehmen kann, wird bei Einlass Fieber gemessen. 72 Stunden vor Beginn des Experiments musste sich jeder auf das Coronavirus testen lassen, auch alle Mitarbeiter. Zudem erhält jeder Proband eine FFP2-Maske, fluoreszierendes Desinfektionsmittel und einen Tracer. Dieser kommuniziert alle 25 Millisekunden mit anderen Tracern in der Umgebung, um Abstände zu messen und Bewegungsprofile zu erstellen. Dabei wird auf bereits vorhandene Technik in der Arena zurückgegriffen. In der Handball-Bundesliga wurden Spieler schon längst zur Analyse ihrer Bewegungen auf dem Feld mit solchen Tracern ausgestattet.
Eine Verwechslung von Tracern mit Ersatz-Tracern bringt die akribisch vorbereitete Planung ins Stocken. Techniker ziehen bis auf ein paar der 60 ausgegebenen Ersatz-Tracer schnell aus dem Verkehr. Der Studienablauf verzögert sich um eine Stunde, doch das scheint kaum einen der rund 1.500 Probanden zu stören.

Der Studientag ist lang, über acht Stunden hinweg werden drei verschiedene Szenarien getestet. Im ersten Szenario sitzen die Zuschauer dicht aneinander, zwar mit Maske, aber ohne Abstand, wie vor der Pandemie. Jeweils ein Platz links und rechts von jeder Person bleibt im zweiten Szenario frei. Das dritte Szenario garantiert volle anderthalb Meter Abstand zu anderen Zuschauern, nun füllen sich auch die hinteren Reihen. Wo sonst über 8.000 Leute sitzen, könnte heute etwa nur die Hälfte Platz finden.

Live on stage: Tim Bendzko! – Foto: Fabius Leibrock

Als Tim Bendzko die Bühne betritt, fängt die Menge an zu klatschen, Pfiffe sind zu hören, blitzende Scheinwerfer richten sich auf das Publikum. „Wir haben heute noch viel vor“, sagt der gebürtige Ost-Berliner und fängt an zu lachen. Die Stimmung ist ausgelassen. Es scheint, als wäre Corona vergessen. Jedenfalls für einen kurzen Moment, denn nach vier Songs ist schon wieder Schluss: Pause! Im Vorfeld wurden Verzehrgutscheine verteilt, Warteschlangen vor den Essens- und Getränkeständen sind ausdrücklich erwünscht.

Sport-Industrie an Studienergebnissen interessiert

Nicht nur die Veranstaltungsbranche sucht verzweifelt nach Lösungen. Auch Sportvereine, wie z.B. der Leipziger Handballverein SC DHfK, interessieren sich dafür, wie Events wieder mit möglichst vielen Zuschauern stattfinden können. Wenn es nach dem Co-Trainer der Handballspieler Milos Putera ginge, sollten Zuschauer bei Spielen wieder schnellstmöglich erlaubt werden, damit die Mannschaft wieder mehr Spaß am Spiel hat. „Wir hoffen auf jeden Fall, dass wir vor einer gewissen Zuschauerzahl spielen können, weil es ist schon etwas Besonderes, wenn man vor einer vollen Halle spielt. Wir sind für jeden Zuschauer in dieser Situation dankbar. Der Handballsport und – ich glaube – auch andere Sportarten sind eng verbunden und abhängig von den Zuschauern. Ich als Ex-Sportler kann sagen, dass das Spielen vor einer leeren Halle nicht so viel Spaß macht wie mit Zuschauern.“, so Co-Trainer des SC DHfK Leipzig Milos Putera. Was Putera im Interview nicht anspricht, ist der finanzielle Aspekt. Vielen Sportvereinen macht die Pandemie schwer zu schaffen. Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk verzichten die Spieler des Handball-Bundesligsten SC DHfK Leipzig in der kommenden Saison auf 25 Prozent ihres Gehalts.

Co-Trainer des SC DHfK Leipzig Milos Putera – Foto: Fabius Leibrock

Nicht nur die Veranstaltungsbranche sucht verzweifelt nach Lösungen. Auch Sportvereine, wie z.B. der Leipziger Handballverein SC DHfK, interessieren sich dafür, wie Events wieder mit möglichst vielen Zuschauern stattfinden können. Wenn es nach dem Co-Trainer der Handballspieler Milos Putera ginge, sollten Zuschauer bei Spielen wieder schnellstmöglich erlaubt werden, damit die Mannschaft wieder mehr Spaß am Spiel hat. „Wir hoffen auf jeden Fall, dass wir vor einer gewissen Zuschauerzahl spielen können, weil es ist schon etwas Besonderes, wenn man vor einer vollen Halle spielt. Wir sind für jeden Zuschauer in dieser Situation dankbar. Der Handballsport und – ich glaube – auch andere Sportarten sind eng verbunden und abhängig von den Zuschauern. Ich als Ex-Sportler kann sagen, dass das Spielen vor einer leeren Halle nicht so viel Spaß macht wie mit Zuschauern.“, so Co-Trainer des SC DHfK Leipzig Milos Putera. Was Putera im Interview nicht anspricht, ist der finanzielle Aspekt. Vielen Sportvereinen macht die Pandemie schwer zu schaffen. Laut dem Mitteldeutschen Rundfunk verzichten die Spieler des Handball-Bundesligsten SC DHfK Leipzig in der kommenden Saison auf 25 Prozent ihres Gehalts.

Aus 4.200 erhofften Teilnehmern wurden 1.500

Die Studienveranstalter haben auf 4.200 Probanden gehofft, gekommen ist weniger als die Hälfte. Das stört Karsten Günther, Geschäftsführer des SC DHfK nicht: „Wir sollten uns darüber freuen, dass 1.500 Leute gekommen sind, anfangs im strömenden Regen, auf Halleneinlass gewartet haben, dann zehn Stunden mit uns den Tag verbracht haben – trotz drei Mal Rein- und Rausgehen […]. Das sind unsere Helden. Und für uns ist es ein Glückstag.“

Auch Sänger und Songwriter Tim Bendzko ist begeistert. „Das hat uns richtig Spaß gemacht. Ich hatte erst gedacht, dass es wegen der Masken sehr steril wird, aber es war ein überraschend gutes Gefühl. Und das Publikum in Leipzig war erstaunlich textsicher“, so Bendzko am Nachmittag auf einer Pressekonferenz.

Lara und Elly sind zwar keine Tim Bendzko-Fans, haben sich aber trotzdem sehr auf den Studientag gefreut. Wie war denn das erste 20-minütige Konzert? “Bisschen kurz, aber war ganz gut, mal wieder ein Konzert zu erleben. Es war mal wieder eine schöne Abwechslung, Künstler live zu sehen und nicht nur über Kopfhörer zu hören. Es wäre schon cool, wenn Konzerte wieder stattfinden könnten.” Lara möchte im kommenden Jahr ihr Abitur schreiben, Elly macht aktuell eine Ausbildung zur Erzieherin. Die beiden Leipziger besuchen normalerweise oft Konzerte, in den letzten Monaten waren sie verboten. “Das ist schade”, daher erhoffen sie sich Lösungen, die dies wieder möglich machen.
“Sehr gut, er hat’s ziemlich gut gemacht und Stimmung gemacht, obwohl es doch sehr besondere Umstände sind. Ich bin hauptsächlich wegen der Studie hier, es ist sehr sinnvoll, mal zu schauen, welche Konzepte es mal geben kann. Aber auch wegen Tim Bendzko”, erzählt Caroline euphorisch. Sie studiert Medien- und Kommunikationswissenschaft und ist für die Studie extra aus Stuttgart angereist.

Ob der Studientag wirklich erfolgreich war, wird sich zeigen. Noch am selben Abend suchen 20 Helfer die Oberflächen in der Konzerthalle mit UV-Licht ab, um festzustellen, welche Türgriffe, Stuhllehnen und Handläufe besonders oft berührt wurden. In den kommenden Wochen sollen die mit den rund 1.500 Tracern gesammelten Daten ausgewertet und erste Ergebnisse Ende September vorgelegt werden.

“RESTART-19” ist ein Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Halle an der Saale. In diesem Rahmen fand am 22. August 2020 eine Konzersimulation mit Tim Bendzko in der QUARTERBACK Immobilien Arena in Leipzig statt. Unterstützt wird das Projekt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-​Anhalt und den Staatsministerien für Wissenschaft, Kultur und Tourismus bzw. Soziales und Gesellschaftlicher Zusammenhalt des Freistaates Sachsen. Partner des Projekts sind der SC DHfK Leipzig, Handball, und die ZSL Betreibergesellschaft mbH.

Beitragsfotos: Fabius Leibrock

Fabius Leibrock

Seit ein paar Jahren journalistisch aktiv, angefangen bei einem Webradio, später bei mehreren Schüler- und Jugendzeitungen. Ich studiere Politikwissenschaft & Audiovisuelles Publizieren in Mainz und engagiere mich bei der Jugendpresse Rheinland-Pfalz.

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