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„Bassins de Lumières“: Vom Bunker zum Kunstmuseum

Ein ehemaliger deutscher U-Boot-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg wird zum digitalen Kunstmuseum: in der südfranzösischen Stadt Bordeaux wurden im Juni 2020 die „Bassins de Lumières“ eröffnet. Mit rund 11.000 m² Ausstellungfläche ist es das größte digitale Kunstzentrum der Welt und in seiner einzigartigen Atmosphäre lässt es den Besucher in die Welt von großen Künstlern, wie Gustav Klimt und Paul Klee, eintauchen. Von klassischer Musik begleitet, wird die multimediale Ausstellung zu einem einmaligen Erlebnis.

Nachdem Bordeaux im Juni 1940 in die Hände deutscher Truppen fällt, wird die Stadt zu einem wichtigen strategischen Stützpunkt. Aufgrund der daraus resultierenden, bedrohlichen Luftangriffe der Alliierten, wird die Errichtung des U-Boot-Bunkers beschlossen. Zwischen September 1941 und Mai 1943 sind ca. 6.500 Arbeiter an dem Bau des U-Boot-Bunkers beteiligt, ein Drittel davon sind spanische Gefangene. Mit der Ankunft der ersten deutschen U-Boote wird die Basis offiziell zum deutschen Kriegsmarinearsenal. Die Angriffe der Alliierten nehmen dementsprechend immer mehr zu: Noch im selben Jahr sterben 2.000 Zivilisten durch einen amerikanischen Luftangriff und die deutsche U-Boot-Basis wird stark beschädigt. 1944 geben die deutschen Truppen die Basis schließlich auf und die französische Marine übergibt den Bunker dem Hafen von Bordeaux. Zwischen 1960 und 1990 nutzen unterschiedliche Firmen den ehemaligen Weltkriegsbunker für ihre Zwecke, beispielsweise für Workshops zur Metallbearbeitung. Doch die einzigartige Atmosphäre zieht vor allem Künstler und Musiker an. Ab 1999 gibt es erste multimediale künstlerische Ausstellungen und 2020 wird der Bunker „Culturespaces“ anvertraut, einer Organisation, die bereits mehrere Museen und Kulturzentren in Frankreich verwaltet. Im Juni 2020 werden die „Bassins de Lumières“ mit den ersten vier Ausstellungen für Besucher zugänglich.

Das “Bassins des lumières” in Bordeaux bietet Platz für mehrere Kunstinstallationen Foto: I. Brdar

Für die Eröffnung realisierten die Künstler Gianfranco Iannuzzi, Renato Gatto und Massimiliano Siccardi die Ausstellung „Gustav Klimt, d’or et de couleurs“. Die berühmten und farbenfrohen Landschaften, Porträts und die Aktmalerei des Wiener Künstlers werden gekonnt in einer Lichtershow verbunden. Die goldenen und dekorativen Elemente, die die Werke Klimts charakterisieren und als Symbol seiner künstlerischen Revolution gelten, werden in den Vordergrund gerückt. Klimt führt schließlich die Wiener Secession Ende des 19. Jahrhunderts an, die sich von dem konservativen Wiener Künstlerhaus abspaltet und eröffnet somit den Weg in die Moderne. Auch Werke seiner Nachfolger, wie die von Egon Schiele, werden in die Ausstellung miteinbezogen und spiegeln sich in den immensen Wasserbecken wieder. Die Ausstellung wird mit Wiener Musik untermalt und lässt den Besucher in die Zeit des Künstlers eintauchen.

Dieses Zwischenspiel von Musik und Kunst passt vor allem zur darauffolgenden Ausstellung „Paul Klee, peindre la musique“. Der deutsche Künstler war schließlich Violinist, bevor er sich der Kunst widmete. Die Liebe zur Musik lässt sich in seinen Werken wiederspiegeln – sie ist Teil seines Entstehungsprozesses und animiert ihn, zu malen. Die Zauberflöte, die die 10-Minütige Ausstellung zu einem großen Teil begleitet, reflektiert die Begeisterung Klees für die Oper, allen voran für das Werk Mozarts. Die Ausstellung führt den Besucher durch eine imaginäre Stadt bis hin zu einem Unterwasserkonzert und schließt mit dem Bild von dutzenden Porträts und Marionetten ab, während die Stimme Papagenos im Hintergrund ertönt.

Neben diesen beiden Ausstellungen wird auch zeitgenössische Kunst vorgestellt. Im „Cube“, einem schallisolierten Raum, kann es sich der Besucher auf Sitzkissen gemütlich machen und sich die auf den Wänden projizierten Ausstellungen „Ocean Data“ und „Anitya“ anschauen. Letztere zeigt die Erkundigung des sich mit der Zeit veränderten Ortes, von der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg bis hin zur künstlerischen und lebendigen Gestaltung des Gebäudes. „Ocean Data“ besteht hingegen aus Millionen von im Meer erfassten Daten, die ein einzigartiges Werk schaffen, das Kunst, Technologie und Wissenschaft verbindet. Die von einem Algorithmus erzeugten Farben, Formen und Lichter begleiten den Besucher in eine Reise durch den Ozean.

Die Größe des Kunstzentrums erlaubt es dem Besucher, sich frei durch das Gebäude zu bewegen und die spektakulären, multimedialen Präsentationen voll und ganz auf sich wirken zu lassen. Alle vier Ausstellungen werden bis zum 3. Januar 2021 in den „Bassins de Lumières“ präsentiert.

Ivana Brdar

Ich bin 19 Jahre alt und studiere zurzeit Geschichte und Französisch an der Universität Hamburg. Mein Interesse wecken viele unterschiedliche Themen, vor allem aber Geschichte, Kultur und Europa. Dabei hoffe ich, Themen Gehör zu verschaffen, die normalerweise nicht so ausgiebig diskutiert werden. Da ich bald für einige Semester nach Bordeaux ziehe, werdet ihr auch interessante Berichte aus Frankreich lesen können.

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