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Coronavirus: Ein Kommentar

Das Coronavirus ist in aller Munde (nein, kein Wortspiel impliziert) und inzwischen wurde neben „Coronaferien“, Fahrplanänderungen und Semesterstartverschiebung auch das Schließen der Grenzen, sämtlicher Bars und sonstiger Einrichtungen veranlasst (Stand Sonntag, 15. März 2020, 16:00 Uhr). Der Grund für diese Maßnahmen wurde schon so oft erwähnt und wiedergekaut, sei nichtsdestotrotz aber erneut genannt: der Faktor Zeit. 

Dieser Zeitgewinn ist wichtig, um einen Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern. Dieser Zeitgewinn ist wichtig, um die schwächsten Glieder unserer Gesellschaft zu schützen. Dieser Zeitgewinn ist wichtig, um ausreichende Forschung am Virus und entsprechenden Gegenmaßnahmen betreiben zu können.

Was aber können wir alle noch aus der Covid-19-Pandemie und den Reaktionen auf diese mitnehmen?

Erstens: Wir brauchen dringend eine bessere digitale Infrastruktur.

Das Semester ist verschoben, die Schule fällt aus. Und in der Zeit soll es nicht möglich sein, in irgendeiner Weise ohne Improvisation den Lernalltag aufrecht zu erhalten? 

Ja, Ferien sind schön, keine Frage. Allerdings ist es gerade an der Uni schwierig, den neuen Bedingungen gerecht zu werden. Der Semesterbeginn wurde von Anfang April auf Anfang Mai verschoben, ohne dass das Semesterende im Juli nach hinten verschoben wird. Effektiv wird also ein Drittel der Semesterzeit gestrichen. Zwar wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass entsprechende Online-Angebote wie Moodle wahrgenommen werden können, aber das Nichtwahrnehmen dieser zu keinem Nachteil für die Studierenden führen darf.

Warum eigentlich nicht? Kann man nicht von selbstständigen, erwachsenen Menschen erwarten, die sich freiwillig dazu entschieden haben, ein bestimmtes Fach zu studieren, dem auch zu Hause nachzugehen? Sicherlich lässt sich das nicht für alle Studiengänge pauschal sagen. Das Praxisseminar oder das Laborpraktikum lassen sich nicht einfach so online ausgliedern, eine einfache Vorlesung mit entsprechen Übungen hingegen eher. Es wäre mal an der Zeit, sich über die stärkere und vor allem dauerhafte Verflechtung von Netz und Alltag (Uni, Schule, Arbeit…) – soweit möglich – mal Gedanken zu machen. Da jetzt ja eh alles zu hat, wäre genau das der richtige Zeitpunkt dafür.

Zweitens: Wir brauchen noch dringender entsprechende Netzkompetenz.

Wenn vermeintliche „Promi-Vorbilder“ á la Carmen Geiss auf ihren Instagram-Kanälen (ob bewusst oder unbewusst) Falschmeldungen über das Coronavirus verbreiten und dann nicht mal bei mehrfachen Hinweisen offline nehmen, dann ist das unverantwortlich. Es kursieren diverse Fake News zu Corona im Netz, seien es Verschwörungstheorien zur Entstehung und vermeintliche Therapien, die – Stichwort MMS – sogar gefährlich werden können. 

Entsprechende Rechercheseiten wie Mimikama korrigieren die Meldungen zwar, manche Fake News sind allerdings schon zu weit verbreitet, sodass die Richtigstellungen nicht mehr jeden erreichen. Und dann ist es auch noch zu schade, dass Mai-Thi Nguyen Kim von „maithink“ gerade jetzt in Babypause ist. 

Das Vermitteln entsprechender Kompetenzen in sämtlichen Bildungseinrichtungen, um zwischen vertrauenswürdigen und „Fake News“-Quellen zu differenzieren, ist mindestens genauso wichtig wie das Verflechten des Internets in den Bildungs- und Arbeitsalltag.

Drittens: Wir lernen Dinge eher zu schätzen.

Einfach mal nach Frankreich zum Einkaufen? Erstmal Fehlanzeige. Die Oma besuchen? Geht auch nicht. Mal mit Freunden in die Bar ums Eck gehen? Nope.

Wir alle müssen uns jetzt zum Schützen der besonders Gefährdeten einschränken. Wir lernen, Dinge zu schätzen, die für uns immer selbstverständlich waren und jetzt plötzlich für einige Zeit nicht mehr möglich sind. Das kann für die gesamte Gesellschaft eine große Chance sein.

Panik und Angst sind dafür schlechte Ratgeber. Der italienische Premierminister Giuseppe Conte hat es perfekt auf den Punkt gebracht: „Heute umarmen wir einander nicht, um uns morgen umso stärker zu umarmen.“  

Es ist gut, dass wir (zumindest großteils) Politiker*innen an der Macht haben, die in besonnen und verantwortungsvoll Risiken abwägen und schnell handeln. Populist*innen, die vom einen auf den anderen Tag ihre Position ändern, zeigen ihr wahres Gesicht. Warum wohl hat die Lega-Partei von Matteo Salvini in Italien binnen weniger Tage in Umfragen im Schnitt ein Zehntel ihrer Unterstützer verloren? 

Das Beste und Wichtigste kommt natürlich zum Schluss. Wir lernen auch, Leistungen derer Menschen, die sich für die gesamte Gesellschaft in solchen Krisenzeiten einsetzen, noch eher zu schätzen. Kranken- und Altenpflegende, Polizeibeamte, Feuerwehrleute, aber auch im Einzelhandel Arbeitende und jede*n Einzelne*n, der/die seinen Anteil daran hat, dass wir in diese Zeiten überstehen. 

Als Fazit bleibt nur zu sagen: Danke für Euren Dienst an der Gesellschaft! 

Jan Jakob Langer

Hey! Ich bin Jan Jakob, 20 Jahre alt und studiere seit 2018 an der Universität des Saarlandes Chemie. Meine Interessen liegen vor allem im politischen und naturwissenschaftlichen Bereich.

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