Corona-Bonds: Eine europäische Zerreißprobe

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez im Jahr 2018. Foto: Ministry of the Presidency. Government of Spain mpr.gob.es

Die Corona-Krise bringt viele Schäden für die europäischen Volkswirtschaften mit sich. Die Wirtschaft ist wegen den Ausgangsbeschränkungen in Europa stark geschädigt. Manche Staaten fordern deshalb sogenannte „Corona-Bonds“ oder „Euro-Bonds“. Deutschland lehnt diese ab. Doch was sind sie und was macht sie so kontrovers?

Corona-Bonds kurz erklärt

Corona-Bonds sind gemeinschaftliche Anleihen, die Staaten gemeinsam annehmen können. Auch verschuldete EU-Staaten wie Italien könnten auf diese Weise zu günstigen Konditionen Geld von Investoren erhalten. Diese Gemeinschaftsanleihen hätten durch die Mithaftung von wirtschaftlich starken Ländern wie Deutschland eine bessere Bonität – Staaten wie Spanien oder Italien müssten weniger Zinsen bezahlen als wenn sie weitere nationale Anleihen aufnehmen würden. Dieses Geld zu guten Konditionen ist gerade für Spanien und Italien sehr wichtig, da sie die starken wirtschaftlichen Konsequenzen abfedern müssen. Durch die Euro-Finanzkrise 2008 stehen diese Staaten geschwächt dar und werben aktiv für „Corona-Bonds“, die ihren Ursprung in den „Euro-Bonds“ haben, die während der Finanzkrise im Bezug zu Griechenland schon einmal europaweit diskutiert wurden.

Europäische Zerreißprobe

Spanien und Italien, aber auch Frankreich und andere EU-Länder fordern nun die Corona-Bonds. Der französische EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton und der italienische EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni befürworten ebenfalls Euro-Bonds, die Fonds sollen nur für den wirtschaftlichen Aufbau nach der Corona-Krise genutzt werden. Damit stellen sie sich hinter ihren nationalen Regierungen. Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte warb schon vor einigen Wochen für Euro-Bonds, auch der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez setzte sich aktiv für die gemeinsamen Anleihen ein. Doch die deutsche Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lehnt diese kategorisch ab. Viele Politiker sind sich aber einig: In der jetzigen Corona-Krise ist es wichtig, Solidarität in Europa zu zeigen und gemeinsam diese Krise zu entgegnen. Selbst die Bundeskanzlerin appellierte zuletzt an europäischen Zusammenhalt. Viele sehen in der jetzigen wirtschaftlichen Krise die größte Krise der EU seit ihrer Gründung.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) Foto: Bundesministerium der Finanzen

Keine Einigung

Nach dem Treffen der europäischen Finanzminister am 9. April stand fest: Es bleibt bei der harten Linie von Deutschland und anderen europäischen Staaten wie Österreich und die Niederlande. Man wolle keine Vergemeinschaftung von Schulden. Derweil warnte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez über ein Auseinanderfallen der Europäischen Union: „Die EU ist in Gefahr, wenn es keine Solidarität gibt.“ Viele Kritiker befürchten wegen der gemeinsamen Schulden einen demokratischen Kontrollverlust. So könnte der Bundestag nicht mehr richtig die Staatsausgaben kontrollieren, wenn sich die Europäer gemeinsam verschulden. Norbert Röttgen (CDU) sagte als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dass eine Ablehnung der Corona-Bonds seitens Deutschland „ökonomisch gut begründet aber emotional fatal“ sei. In der Tat regt sich vor allem in Italien der Unmut auf, die Stimmung gerade in Bezug auf Deutschland verschlechtert sich.

“Die EU ist in Gefahr, wenn es keine Solidarität gibt.”

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez

Alternativen

Die europäischen Finanzminister einigten sich vergangenen Donnerstag zwar nicht auf Corona- oder Euro-Bonds, aber man konnte sich auf mehrere Maßnahmen einigen. So soll der Euro-Rettungsschirm ESM Ländern kurzfristig hohe Kredite in einem Volumen von 200 Milliarden Euro aufnehmen können. Außerdem wurden die Bedingungen für Kredite des Rettungsfonds den südlichen Ländern gelockert, was eine Kreditaufnahme sehr vereinfacht.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire hat vorgeschlagen, einen Fonds zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft einzurichten, der mehrere hundert Milliarden Euro beinhalten soll. Die Finanzminister haben sich darauf geeinigt, diesen Vorschlag weiterzuentwickeln. Dieser soll noch in dieser Woche von den europäischen Staats- und Regierungschefs beraten werden. Doch das Thema Corona- bzw. Euro-Bonds wird bestimmt nicht sofort von der Bildfläche verschwinden.

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