Luca Piwodda, Foto: Benjamin Jenak

Wie gründet man mit 18 Jahren eine Partei? – Interview mit Luca Piwodda

Mit 18 Jahren eine eigene Partei gründen? Was für viele vollkommen verrückt klingt, hat der heute 21- jährige Luca Piwodda geschafft – und tritt bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern an.

Mit 18 Jahren eine eigene Partei gründen? Was für viele vollkommen verrückt klingt, hat der heute 21- jährige Luca Piwodda geschafft. Mit der Freiparlamentarischen Allianz (FPA) möchte er sich vor allem für eine stärkere politische Beteiligung von jungen Menschen und den Klimaschutz einsetzen. Bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern möchte er in den Landtag einziehen. Durch die Unterstützung von JoinPolitcs durfte er sich zudem über die Hilfe eines politischen Start-ups freuen. Im Gespräch erläutert er seine Beweggründe und erklärt, was er mit der Partei alles erreichen möchte.

Zu Beginn: Kannst du dich und deine politische Arbeit in wenigen Sätzen vorstellen?

Ich bin Luca Piwodda, 21 Jahre alt und studiere Geschichte und Politik in Greifswald. Nebenbei habe ich mit der Freiparlamentarischen Allianz (FPA) mit einigen Freunden meine eigene Partei gegründet. Seit der Gründung nimmt das natürlich den größten Teil meiner Zeit ein. Zudem bin ich in meiner Freizeit aber auch leidenschaftlicher Hobby-Fußballer und lese gerne. 

Du hast mit 18 Jahren deine eigene Partei gegründet. Wie war die Reaktion darauf in deinem Umfeld und bei der politischen Konkurrenz?

Ich habe die Partei im Juni im Alter von 18 Jahren kurz nach dem Abitur gegründet. Zuvor war ich einige Zeit in der SPD engagiert. Das Engagement hat mich allerdings nicht überzeugt, da dort in meinen Augen alles auf Machterhalt und nicht auf Beteiligung ausgelegt ist. Eine eigene Partei gründet man jedoch nicht von heute auf morgen. Zu Beginn habe ich viele Menschen befragt, was sie von dieser Idee halten. Hierbei gab es zwei Meinungen. Der eine Teil sagte, dass das Vorhaben nicht klappen würde, da ich unter anderem viel zu jung sei und die bestehenden Parteien darüber hinaus viel zu mächtig seien. Meine Freunde, Familie und andere politisch Aktive bestärkten mich allerdings in meinem Glauben an das Projekt und reagierten begeistert auf die Idee, weil sie teilweise auch selbst nach neuen Möglichkeiten des Engagements gesucht hatten. 

Wie kam die Entscheidung zustande, eine eigene Partei zu gründen, statt sich in einer der Vorhandenen zu engagieren?

Zu Beginn ging ich nicht davon aus, dass ich tatsächlich eine Partei gründen werde und wollte lieber ein Aktionsbündnis ins Leben rufen. Nachdem wir aber in der Vorbereitung ein halbes Jahr lang an einem Grundsatzprogramm geschrieben und an unseren Ideen gefeilt haben, wurde uns klar, dass eine Partei der sinnvollste Weg ist. Denn bei einer Partei handelt es sich um den perfekten Vermittler zwischen dem Parlament und den Leuten auf der Straße.  Das sieht man bei Fridays for Future leider sehr gut. Zwar ist man eine wichtige gesellschaftliche Kraft, die Gesetze sind aber dennoch andere, weil die Köpfe nicht in den Parlamenten vertreten sind. Wir wollen hingegen in die Herzkammer der Demokratie, da dort die Veränderungen in Gesetze umgemünzt werden können. 

Die anderen Parteien kamen für mich nicht infrage, da es in meinen Augen sinkende Schiffe sind. Gestört hat mich vor allen Dingen die intransparente Kommunikation und die nicht bürgernahe Struktur. Die FPA denkt hingegen in flachen Hierarchien und basisdemokratisch, weshalb wir uns eher als politisches Start-up sehen. Ein gutes Beispiel ist das Talentkomitee bei JoinPolitics, welches wir uns zum Vorbild genommen haben und nun eine eigene Abteilung zur Talentförderung in unserer Partei etablieren.  Allgemein möchten wir ganz neue Ideen ausprobieren. So versuchen wir beispielsweise gerade ein Losverfahren für politische Ämter umzusetzen und setzen uns klar für eine Amtszeitbegrenzung politischer Ämter ein. Auch ich selbst will nicht länger als 10 Jahre Parteivorsitzender bleiben, da sich in meinen Augen sonst schnell eine Trägheit entwickelt, die hinderlich ist. 

Welche politischen Inhalte sind dir besonders wichtig?

Unser Parteiname hat zwei Kernbotschaften. Freiparlamentarisch steht für unser Bestreben, Politik stärker in einen Bereich außerhalb des Parlaments zu verlagern. Dazu gehört für uns, Politik durch stärkeres Engagement auf Social Media und auf der Straße nahbarer zu machen. Allianz steht für unser Bestreben, generationenübergreifend zu sein und damit für eine gesellschaftliche Akzeptanz zu sorgen. Zwar sind mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren überwiegend junge Menschen in der Partei, dennoch möchten wir selbstverständlich Politik für alle betreiben. Das erste Kernziel ist aber ganz klar junge Menschen stärker in die Politik zu integrieren. Das resultiert auch aus unserer kommunalpolitischen Erfahrung, die wir in den letzten beiden Jahren durch eine gewonnene Bürgermeisterwahl sowie den Einzug in eine Stadtverordnetenversammlung gesammelt haben. Dort merkt man schnell, dass junge Menschen nicht von allein in den politischen Betrieb integriert werden. Um Jugendparlamente muss man leider hart kämpfen und die Integration von jungen Menschen innerhalb der Parteien ist extrem mühsam. In einer bestehenden Partei muss man oft ellenlange Formulare ausfüllen. Bei uns kann man mitarbeiten, ohne Mitglied zu sein. 

Das zweite Kernziel ist die Bekämpfung des Klimawandels. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde klar, dass bei der Klimapolitik dringendes Handeln erforderlich ist. Das zeigt uns, dass der politische Druck weiter erhöht werden muss, weshalb wir mit jungen Kräften wie der FPA diesen erhöhen wollen. Denn vor allem wir jungen Menschen sind auch in 30 Jahren noch da und haben mit den Folgen des Klimawandels am meisten zu kämpfen.

Du willst mit deiner Partei dieses Jahr in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einziehen. Wie siehst du deine Chancen und welche Ideen hast du für deinen Wahlkampf?

Jeden Morgen schaue ich auf einen Counter in meinem Zimmer, der die Tage bis zur Wahl runterzählt. Bis zur Wahl haben wir selbstverständlich noch viel vor. Durch unsere bisherigen Erfahrungen haben wir auch schon die bösen Seiten der Politik erleben müssen. Erst wird man als neue Partei vollständig ignoriert und bekommt mit der Zeit Anfeindungen. Wir machen daher unser eigenes Ding und lassen uns auf die anderen Parteien gar nicht erst ein. Von April bis Juli machen wir regelmäßig ein Instagram Live, Touren durch das Land und sprechen dort mit den verschiedensten Menschen. Dadurch wollen wir ein klares Bild bekommen, was in unserem Land los ist und welche Themen wir daraus resultierend vertreten sollen. Diese Kampagne nennen wir „#FPAhörtzu“. Eine weitere Kampagne trägt den Namen  „#DubistMV“. Die MV Werften sind in unserer Region ein riesiger Arbeitgeber, der dringend reformiert werden muss. Von den etablierten Parteien traut sich an dieses Thema aber niemand ran, weshalb wir durch ein öffentliches Gremium mit unterschiedlichen Menschen und Experten Reformideen erarbeiten möchten. Wir haben natürlich alle keine Erfahrung mit Wahlkampf, aber eine gigantische Motivation und blicken mit großem Optimismus auf die Wahl. 

Was wäre das Erste, was du tun würdest, wenn du in den Landtag eingezogen bist?

Die Einbringung unserer Herzensangelegenheit: das Jugendmitwirkungsgesetz. Dadurch wollen wir unter anderem ein Landeskinder- und Jugendparlament ins Leben rufen und für den verstärkten Einsatz von Kind- und Jugendvertretern in den Städten sorgen. Das alles wird im Rahmen dieses Gesetzes zusammengefasst. Dieses Gesetz wurde zwar in einer anderen Ausführung auf Landesebene schon diskutiert, aber es kam leider nie etwas dabei zustande. 

Zudem möchten wir unsere offenen Bürgerrunden beibehalten. Denn auch im Landtag gilt es den Kontakt zu den Menschen nicht zu verlieren. 

Neben Luca Piwodda haben wir auch mit dem Geschäftsführer von JoinPolitics, Philip Husemann, gesprochen. Luca konnte sich nach einem langen Auswahlprozess gegen viele Konkurrenten durchsetzen und wird jetzt auf unterschiedliche Weise von dem politischen Start-up unterstützt. Philip Husemann erzählt im Gespräch unter anderem, auf was es bei der Auswahl der Talente ankommt, welche Hilfen diese erhalten und wie die Idee zur Gründung entstanden ist.

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