Corona und die Klimakämpfer: Wie “Fridays for Future” mitten in der Krise einen weltweiten Großstreik improvisieren will

Fridays for Future Demonstration in Aachen
In Aachen fand im Frühsommer 2019 die damals größte Demonstration der “Fridays for Future” mit 40.000 Teilnehmern statt. Eine Aktion in auch nur annähernd dieser Größenordnung – aktuell unvorstellbar. Foto: Vitus Studemund

“Fridays for Future steht vor dem Niedergang”, zitierte der SPIEGEL schon im Juni 2019 den Protestforscher Peter Grottian, der davon überzeugt war, dass die Bewegung kaum Chancen hätte, alleine die Sommerferien zu überleben. Es kam anders – doch jetzt, 10 Monate und den Anfang einer Pandemie kommt ein viel gefährlicheres Problem auf die jungen Aktivisten und Aktivistinnen zu: Wie geht es weiter mit der globalen Klimabewegung in Zeiten, wo jedes Zusammentreffen von Menschen eine Ansteckungsgefahr mit einem tödlichen Virus darstellt – und das so kurz vor dem globalen Aktionstag am 24. April?

YouTube-Livestreams statt Großdemos

Doch um (zumindest physisch) kontaktfrei trotzdem für mehr Klimaschutz zu protestieren, haben bundesweit Aktivist*innen einen einzigartigen Aktionstag vorbereitet: “Die Klimakrise macht aber auch in der Corona-Pandemie keine Pause. Deswegen werden wir am 24. April wieder weltweit Klimagerechtigkeit einfordern”, fasst die Berliner Klimaaktivistin Pauline das Programm zusammen. Anstelle der geplanten Demonstrationen kündigt die Bewegung eine “Online-Demo” ab 12:00 Uhr mit Reden von internationalen Klimaaktivsten und Wissenschaftlern an, die über die YouTube-Live-Funktion laufen wird. Musikalisch unterstützt werden sollen sie unter anderen von der Indie-Band Giant Rooks und dem Songwriter und Sänger Cluseo, der im Livestream sogar seine neue Single releasen will. Als Gäste sollen auch die Schauspielerin Katja Riemann, der Politiker Erik Marquardt und der Arzt, Comedian und “Scientist for Future”Eckardt von Hirschhausen dabei sein, um über die Situation der Geflüchteten auf Lesbos und die aktuelle Lage in Krankenhäusern zu reden.

Lokale Plakat-Aktionen in den Großstädten

Aber auch viele der lokalen Ortsgruppen haben sich gut auf den 24. April vorbereitet: In Städten wie Berlin, Hamburg, Stuttgart und Aachen können Plakate an Sammelstellen abgegeben werden, die an öffentlichen Plätzen aufgestellt – “um einen Protest ohne Menschenmassen zu ermöglichen”, wie die Studentin Carla aus Münster betont. 

Die Bewegung nimmt nicht aber nicht nur den Virus, sondern auch ihre eigene gesellschaftliche Rolle Ernst. “Wir haben uns schon länger darüber beraten, was wir tun sollen. Gestern haben sich mehrere Ortsgruppen entschieden, große Aktionen abzusagen. Wir haben eine Verantwortung vor der Gesellschaft und wollen keine Menschen mit unseren Streiks gefährden”, betonte die Klimaaktivistin Leoni Häge, als schon Anfang März die geplanten Großstreiks in Bayern anlässlich der Kommunalwahlen abgesagt wurden.

“What does not kill me makes me stronger”?

Von heute auf morgen kommt die Umstellung auf digitale Opposition aber auch nicht: Schon seit März hat die Bewegung ihren Protest in die sozialen Medien verlegt und ruft auch jetzt dazu auf, im Netz unter dem Hashtag #NetzstreikFürsKlima Flagge zu zeigen. Am Mittwoch, den 22. April, wurde eine eigene “App for Future” veröffentlicht und über die Internetseite der Bewegung haben sich schon 30.000 Menschen mit einem Foto, mit dem sie zum morgigen Großstreik aufrufen, auf einer digitalen Karte eingetragen.  

MEINUNG DES AUTORS: Fridays for Future hat schon die Sommerpause durch neue, kreative Aktionenüberstanden und verzeichnete so viele Demonstrationsteilnehmende im September wie nie zuvor. Nietzsches “What does not kill me makes me stronger” offenbart aber: Fridays for Future wird entweder gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen – oder gar nicht. Ob der Plan aufgeht, kann sich schon am Freitag zeigen – schon jetzt haben die Schüler und Schülerinnen aber ihren professionellen und einfallsreichen Umgang mit dem Ausnahmezustand bewiesen

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