Die „Reporter ohne Grenzen“ setzen sich seit 1985 weltweit gegen Zensur und für Pressefreiheit ein. Sie recherchieren Verstöße gegen die Meinungs- und Pressefreiheit und versuchen, die Bevölkerung in repressiven Systemen aufzuklären. Wer sind die „ROG“ und auf welche Weise vermitteln sie verständlich die weltweiten Missstände?
Die Reporter ohne Grenzen entstanden Mitte der 1980er Jahre in Frankreich als „Reporters sans frontières“. Gegründet wurden sie von Robert Ménard und drei weiteren Journalisten, Ménard blieb bis Ende 2008 Generalsekretär der Organisation. Mittlerweile hat sie ein Generalsekretariat in Paris und ist an zehn weiteren Standorten wie Washington DC, Brüssel oder Berlin vertreten. Die international tätige Dachorganisation finanziert sich durch diverse Förderungen und Spenden. Die deutschen Reporter ohne Grenzen sind zwar formal von der Dachorganisation unabhängig, aber ermitteln gemeinsam weltweite Repressalien gegen Journalisten.
Jährlicher Pressefreiheitsbarometer
Der „World Press Freedom Index“ klassifiziert rund 180 Staaten nach ihrem Grad der Pressefreiheit. Je besser die Meinungs- und Informationsfreiheit in einem Land respektiert wird, desto höher ist die Platzierung. Seit 2017 belegt Norwegen den ersten Platz, die skandinavischen Länder bilden regelmäßig die Spitze. Die Liste wird jährlich aktualisiert, im Jahr 2020 ist Deutschland zum Beispiel vom 13. Auf den 11. Platz vorgerückt. Ansonsten schneiden neben den skandinavischen Ländern zum Beispiel die Niederlande oder die Schweiz besser ab. In diesen Ländern wird von der non-profit-Organisation eine hohe staatliche Transparenz und ein diverses, freies Mediensystem anerkannt. Auf den letzten Plätzen stehen regelmäßig Staaten wie China, Turkmenistan, Syrien und zu allerletzt Nordkorea. In der kommunistischen „Demokratischen Volksrepublik Korea“ gibt es nur staatliche Medien. Ausländische Journalisten dürfen sich nicht frei bewegen oder berichten, außerdem steht der Konsum ausländischer Medien unter Strafe. Hier ist die Pressefreiheit komplett inexistent.
Kreative Ausspielwege
In manchen Staaten ist die Informationsfreiheit so eingeschränkt, dass Bürger gar keinen Zugriff auf Informationen oder unabhängigen Journalismus haben. Die Reporter ohne Grenzen haben sich deshalb Einiges einfallen lassen, um die Sperrung von Teilen des Internets zu umgehen. Am 12. März 2018 hat Reporter ohne Grenzen zum Tag gegen Internetzensur „The uncensored Playlist“ veröffentlicht. Diese besteht darin, dass mehrere Artikel von Journalisten in Form eines Popsongs vertont werden, um sie über die Musikstreamingplattformen zu vertreiben – diese sind nämlich in den allermeisten Ländern nicht zensiert. Es wurden Artikel und Geschichten von fünf Journalistinnen und Journalisten aus China, Usbekistan, Thailand, Ägypten und Vietnam veröffentlicht. So auch die Berichte von Bùi Thanh Hiếu. Der Blogger aus Vietnam hatte, nachdem er das Ausmaß an Korruption im Land begriffen hatte, eine Nachrichtenwebseite ins Leben erschaffen. Der Bürgerjournalist wurde deshalb 2016 zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt. Kurze Zeit später kam er nach Deutschland, wo dann die Zusammenarbeit mit Reporter Ohne Grenzen entstand. Der Song „When Did Do Dang Die?“ spricht von einem 17-jährigen Jungen, der nach einem Ladendiebstahl in Haft geraten ist. Unter ungeklärten Umständen ist er in Haft verstorben, wie und wann genau ist der Familie nicht bekannt. Bùi Thanh Hiếu stellt Fragen über die Wahrheit und arbeitet im Exil weiter.
Eine etwas andere Herangehensweise bilden die „Fonts For Freedom“. Reporter ohne Grenzen hat neue Schriftarten erschaffen, die nach den Namen einiger in den letzten Jahren zensierten und geschlossenen Zeitungen benannt sind. Auf diese Weise bleibe der Name des entsprechenden Mediums stets in Erinnerung und auch weltweit sichtbar. „The Cambodia Daily“ war eine englischsprachige Zeitung in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Phen. Eine von der Regierung aufgezwungene Steuernachzahlung hatte im Herbst 2017 das Ziel, ein oppositionelles Medium abzuschaffen.
Weite Wirkung
Die Reporter ohne Grenzen sind in demokratischen Systemen weit anerkannt. Sie halten eine Beraterrolle für die Vereinten Nationen, die UNESCO und den Europäischen Rates inne. Das Ranking zur Pressefreiheit wird von vielen Medien, auch in Deutschland, massiv aufgegriffen. Kritiker monieren jedoch die Methode der Rankingaufstellung. Die Organisation räumte dem NDR gegenüber rein, dass es Verbesserungspotential gebe. So basiert das Ranking zum Beispiel auf subjektiven Meinungen, die auf Basis von Fragen an Journalistinnen und Journalisten ermittelt werden. Außerdem liegen die Fragebögen in vielen Sprachen noch nicht vor, Mitte 2019 waren es 24. Egal wie sehr man die Methodik diskutieren möchte – die Reporter ohne Grenzen nehmen weltweit eine wichtige Rolle ein und kämpfen unermüdlich für Unabhängigkeit, Aufklärung und Freiheit.
Beitragsbild: pixabay.com / gfkDSGN