Bild: Caitlin Johnstone / pixabay.com

Julian Assange – Verräter oder Kämpfer für Gerechtigkeit?

Gestern feierte der Enthüllungsaktivist Julian Assange seinen 50. Geburtstag. Wieso ist dieser Mann so umstritten und was genau ist eigentlich alles passiert? Eine Chronologie der Ereignisse.

Nachdem auf der Enthüllungsplattform WikiLeaks geheime Informationen über zum Beispiel Foltermethoden im US-Gefangenenlager Guantanamo und Kriegsverbrechen der USA im Irak und Afghanistan veröffentlicht wurden, drohen dem Mitbegründer der Seite, Julian Assange, bis zu 175 Jahre Haft. Doch was genau ist eigentlich passiert?

2010 veröffentlicht WikiLeaks vertrauliche Diplomatenberichte. Das „Cablegate“ sorgt international für Aufsehen und bringt die USA in Bedrängnis. Etwa zeitgleich erlässt Schweden wegen Vergewaltigungsvorwürfen einen Haftbefehl gegen Assange. Der Australier stellt sich zunächst in London, flieht dann jedoch in die ecuadorianische Botschaft, um einer Auslieferung an Schweden zu entgehen. Nach sieben Jahren als politischer Flüchtling wird ihm 2019 der Asylstatus sowie die ecuadorianische Staatsbürgerschaft, die er angenommen hatte, abgesprochen, da er gegen Asylbedingungen verstoßen hatte. Präsident Moreno wirft ihm respektloses und aggressives Verhalten gegenüber Mitarbeiter:innen der Botschaft vor. Außerdem distanziert sich Moreno von der Politik seines Vorgängers und will die Beziehungen zwischen Ecuador und den USA und Europa verbessern. Gleichzeitig wird auf WikiLeaks über Korruptionsermittlungen gegen den ecuadorianischen Präsidenten berichtet.

Die Ermittlungen wegen der Vergewaltigungsvorwürfe werden schließlich fallen gelassen. Dennoch wird Assange von der britischen Polizei festgenommen und zu 50 Wochen Haft verurteilt, da er gegen Kautionsauflagen verstoßen haben soll. Doch auch nach Ende seiner Strafe kann er nicht auf Freilassung hoffen.

Wie ist die Situation heute?

Der Aktivist sitzt weiterhin ohne neue Anklage in London in Haft. Zwar entschied sich Anfang diesen Jahres ein Gericht gegen eine Auslieferung an die USA, doch seine Freilassung wurde abgelehnt: Es sei damit zu rechnen, dass Assange einmal entlassen, nicht mehr vor Gericht erscheinen würde. Nachdem Obama sich gegen ein Auslieferungsgesuch entschied, wurde es unter der Trump Administration wieder aufgenommen und auch die Biden Regierung hält daran fest. Vorgeworfen wird ihm der Verstoß gegen das Spionagegesetz, Diebstahl und Veröffentlichung geheimer Dokumente und Verschwörung. Gemeinsam mit der Soldatin Chelsea Manning soll er das System des Pentagons gehackt und geheimes Material von US-Militäreinsätzen veröffentlicht haben. Bei einer Verurteilung in allen Anklagepunkten, drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Im schlimmsten Fall sogar die Todesstrafe, doch sollte es dazu kommen, versprach die britische Regierung bereits, ihn nicht an die USA auszuliefern. 

Beobachter:innen kritisieren die Haftbedingungen teilweise scharf: sein Gesundheitszustand verschlechtere sich zunehmend, er sei psychischer Folter ausgesetzt und es bestehe Suizidgefahr. Außerdem fordern Menschenrechtsorganisationen seine Freilassung, weil es sich um einen politisch motivierten Präzedenzfall handle – der Weg für eine Strafverfolgung unter dem Vorwurf der Spionage würde geebnet und Journalist:innen die Pressefreiheit verweigert.

 Demonstrant:innen fordern die Freilassung von Julian Assange - wie hier vor über 10 Jahren am 14. Dezember 2010 in London. - Foto: John Englart (CC BY-SA 4.0)
Demonstrant:innen fordern die Freilassung von Julian Assange – wie hier vor über 10 Jahren am 14. Dezember 2010 in London. – Foto: John Englart (CC BY-SA 4.0)
Kritik an Julian Assange und WikiLeaks

Während seine Befürworter:innen argumentieren, WikiLeaks decke Missstände auf und sorge für mehr Transparenz und Gerechtigkeit – um Verbrechen zu verfolgen und aufzuklären, so werfen ihm seine Gegner:innen vor, er handle, entgegen seiner Selbstdarstellung, nicht prinzipientreu.
Sein Verhalten sei autoritär, er lasse keine Gegenstimmen zu und sei ein Exzentriker, der nur seinen eigenen Willen durchdrücken will. Julian Assange trete für demokratische Werte und Offenheit ein, sei aber selbst intransparent und nicht demokratisch kontrolliert. Zudem sei WikiLeaks nicht länger neutral. Assange werden Verbindungen zu Russland nachgesagt und eine generelle Ablehnung gegenüber den USA und ihren Verbündeten. Anhaltspunkte dafür sind unter anderem die Veröffentlichung tausender Emails aus dem Umfeld der Kandidatin Hillary Clinton im US-Wahlkampf 2016. Außerdem wurden bei der Veröffentlichung von US-Diplomatenberichten Namen von Einzelpersonen bekannt, woraufhin diese in Gefahr gerieten. – Von wegen Prinzipientreue sagen seine Kritiker:innen. Julian Assange missbrauche die Plattform, um seine politische Agenda zu verfolgen, ohne Rücksicht auf die Werte, die die Plattform sich selbst einmal vorgeschrieben hat. 

Wie es jetzt weitergeht? Die US-Justiz hat gegen das Londoner Urteil Berufung eingelegt. Doch mit einer schnellen Entwicklung ist kaum zu rechnen. Die Gefahr ist, dass eine Verurteilung Assanges zu einer Kriminalisierung gängiger journalistischer Arbeitsweisen führt.

WikiLeaks
Auf der 2006 gegründeten Internetseite WikiLeaks können Whistleblower anonym brisante Informationen hochladen, die dann von Journalist:innen veröffentlicht werden. Der Anspruch der Seite: Transparenz und Gerechtigkeit schaffen und somit dafür sorgen, dass Missstände aufgedeckt werden und an die Öffentlichkeit gelangen. Menschen, die unethisch handeln, sollen sich nicht mehr sicher sein, nicht aufzufliegen. Julian Assange ist das Gesicht der Seite. 

Immer wieder wird die fehlende Kontrolle von WikiLeaks kritisiert, denn es wurden auch schon Fälschungen publiziert.

Quellen:

Beitragsgrafik: Caitlin Johnstone / Pixabay

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