Trump und die sozialen Medien – eine Hassliebe

Trump und Social Media – passt das zusammen? Eine Hassliebe, meint Redakteurin Lisa-Marie Fritsche.
Beitragsbild: pixabay.com / geralt

In den letzten Wochen entwickelte sich ein Konflikt zwischen Donald Trump und mehreren sozialen Medien – ausgelöst durch die Kurznachrichten-Plattform Twitter, die mehrere Tweets des 45. US-Präsidenten mit Warnhinweisen versah und ein von ihm geteiltes Video löschte. Daraufhin drohte Trump damit, soziale Medien künftig für ihre Inhalte haften zu lassen.

Ende Mai passierte etwas Unerwartetes: Erstmals versah Twitter gleich zwei Tweets von Donald Trump mit einem Faktencheck. Es ging bei den Tweets um die widerlegte Behauptung Trumps, dass es bei der Briefwahl in Kalifornien zu Wahlbetrug gekommen sei. Twitter ergänzte den Tweet mit den tatsächlichen Fakten. Abgesehen davon stufte das Unternehmen einen Tweet Trumps als gewaltverherrlichend ein, denn in Reaktion auf die Anti-Rassismus-Proteste in den USA twitterte der US-Präsident: „Wenn die Plünderungen beginnen, wird geschossen“. Und zuletzt wurde ein weiteres Video Trumps in Reaktion auf den Tod des von weißen Polizisten getöteten Afroamerikaners George Floyd aufgrund von Urheberrechtsverletzung gelöscht.

Das ist neu, denn eigentlich ist Twitter ein wichtiger Kommunikationskanal für den US-Präsidenten. Auf der Plattform kann Trump direkt mit seinen über 80 Millionen Followern kommunizieren – ohne auf Journalist*innen angewiesen zu sein, die seine Aussagen eben nicht nur wiedergeben, sondern auch kommentieren. Twitter ließ fragwürdige Tweets des US-Präsidenten bisher unkommentiert und erntete dafür nicht selten Kritik. Donald Trump war demzufolge ein sehr aktiver Nutzer der Plattform. Nun aber sieht er sich durch Twitter in seiner Meinungsfreiheit eingeschränkt und spricht davon, die Plattform „streng zu regulieren oder zu schließen“. Seiner Ansicht nach ist Twitter nicht mehr neutral, sondern betreibt „politischen Aktivismus“ – und das nicht zu Gunsten konservativer Stimmen.

Aufgrund dessen unterzeichnete Trump eine Verfügung – in der Hoffnung, die sozialen Medien in ihre Schranken zu weisen. In der Exekutivanordnung zur “Verhinderung von Online-Zensur” spielt vor allem das Ziel, die “Section 230” des “Communications Decency Act” zu ändern, eine entscheidende Rolle. Dieser Paragraph verhindert eigentlich, dass soziale Medien nicht für die Inhalte ihrer Nutzer*innen haften. Falls die in der Verfügung angestrebte Änderung umgesetzt wird, wären Plattformen wie Twitter und Co verpflichtet, die Verantwortung für Inhalte zu übernehmen und müssten diese viel intensiver überprüfen. Aktuell hat die Verfügung aber wenig konkrete Folgen und ist eher symbolisch zu betrachten – so die erste Einschätzung verschiedener Tech- und Rechtsexpert*innen.

Nichtsdestotrotz gibt es einen Konflikt, der sich nicht nur zwischen Trump und Twitter abspielt. Die Verfügung betrifft schließlich nicht nur die Kurznachrichten-Plattform. Facebook-Chef und Gründer Mark Zuckerberg bezog Stellung und betonte in einem Interview, dass Facebook im Gegensatz zu Twitter nicht als „Schiedsrichter“ in Bezug auf Inhalte auf der Plattform agieren möchte. Ein Blick in die Richtlinien jedoch zeigt, dass das aber eigentlich nur für Beiträge und Werbeanzeigen von Politiker*innen gilt. Für andere Inhalte arbeitet das Unternehmen mit externen Faktenprüfer*innen zusammen. Aufgrund von massiver Kritik – vor allem aus den eigenen Reihen – kündigte aber auch Zuckerberg mittlerweile an, Facebooks Umgang mit Inhalten, die auf Wahlbetrug hinweisen oder Gewalt verherrlichen, noch einmal zu überprüfen. Er äußert jedoch, dass ein vorsichtiger Umgang von Bedeutung sei, da nicht gegen Inhalte vorgegangen werden soll, die dem Unternehmen lediglich nicht gefallen, aber nicht klar gegen Richtlinien verstoßen.

Wie sich der Konflikt weiterentwickelt ist unklar, was aber durch ihn wieder an die Oberfläche getragen wurde, ist die Frage nach der generellen Funktion sozialer Medien: Sind sie nur Plattform oder tragen sie Verantwortung für die Inhalte ihrer Nutzer*innen? Und ist es der richtige Weg, wie Trump zu versuchen, stärkere Kontrollen der Inhalte zu erzwingen und sich damit vielleicht sogar ins eigene Fleisch zu schneiden? Denn es ist sicher nachvollziehbar, dass Twitter im Falle der Umsetzung der Verfügung mit großer Wahrscheinlichkeit häufiger fragwürdige Inhalte löschen würde, um nicht für sie zu haften. Das würde Trumps Ziel, die Meinungsfreiheit zu schützen, nicht einmal nach seiner eigenen Definition entsprechen. Zumindest EU-Kommissionsvizepräsidentin Věra Jourová schlägt sich auf Twitters Seite. Sie tut kund, dass sie Twitters jüngsten Umgang mit den Tweets des US-Präsidenten unterstütze, da widerlegte Fakten nicht gänzlich gelöscht, aber kommentiert wurden. „Ich unterstütze Faktenchecks, und das war der Kern dessen, was Twitter getan hat“, begründet Jourová. Davon sollten auch Politiker*innen nicht ausgeschlossen werden, da durch Faktenchecks die Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt, sondern ergänzt werde.

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