Evolution Racing Team: Mit dem eigenen Rennauto auf die Rennstrecke

Mit einem selbstgebauten Auto Hochgeschwindigkeitsrennen fahren? Und das auch noch mit vielen anderen Teams? Bei den Formula Students Teams ist das möglich. Über 100 Studententeams in Deutschland und viele mehr in Europa und der Welt bauen eigene Rennautos. Das saarländische Team ist spezialisiert auf elektrische Rennautos und baut jährlich ein neues Rennauto. Ich habe Kian und Dario vom Evolution Racing Team Saar für euch getroffen.

Der Jungreporter: Aus welchen Menschen bestehen euer Verein bzw. Team? 

Foto: Evolution Racing

Kian: Das Team besteht nur aus Studenten der HTW, Universität des Saarlandes und der ASW Berufsakademie. Wir bestehen größtenteils aus Studenten der Ingenieurswissenschaften, also Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Systems Engineering und Materialwissenschaften. Wir haben aber auch viele andere Fachbereiche im Team, wie BWL, Informatik und Mathematik.  Der Verein besteht auch teilweise aus Alumnis, die jetzt schon arbeiten.

Der Jungreporter: Wie wird das Team beziehungsweise das Projekt finanziert?

Kian: Unsere Haupteinnahmen kommen über Sponsoren, vor allem lokale Sponsoren aus dem Saarland aber auch weiterreichende auf nationaler Ebene.  Das Projekt wird weniger über Geld finanziert, sondern vor allem über Fertigungsleistungen von Partnern.

Der Jungreporter: Wie läuft bei euch ein Tag in der Werkstatt ab?

Dario: Wir sind eigentlich von Montag bis Sonntag da. Ein Tag in der Werkstatt beginnt meistens zwischen 13 und 14 Uhr. Erst so spät, weil wir dann auch bis sehr spät bleiben. Jeder hat seine eigenen Aufgaben. Kian zum Beispiel hat sich um die Aerodynamik und Karosserie gekümmert, also die ganzen Laminate herstellen. Andere kümmern sich dann darum, dass irgendwelche Metallteile gefräst werden. Manchmal treffen wir uns auch an einem Wochenende nur um aufzuräumen. Jeder hat also seine eigenen Aufgaben, aber manche Sachen werden vom ganze Team erledigt.

Kian: Unser Team ist gegliedert in Teamleitung, die ein bisschen über Allem steht. Die technische Leitung ist für das komplette Auto zuständig, dann gibt es noch eine elektrische Leitung, die immer alles im Überblick haben, eine mechanische sowie eine Organisationsleitung, die sich zum Beispiel um die Schulbesuche kümmert.

Der Jungreporter: Welchen Herausforderungen müsst ihr euch manchmal stellen?

Kian: Wir bauen unser Auto nach dem Reglement der Formula Student Germany. Das wird jährlich immer angepasst, zum Teil um Innovationen voranzubringen. Ab 2021 müssen alle Teams eine der vier dynamischen Disziplinen komplett autonom fahren. Mit Sensorik und Algorithmik muss das Auto ein Beschleunigungsrennen fahren. Das wird für uns eine große Hürde, denn da haben wir noch nicht so viel Erfahrung. Wenn man im Team neue Konstruktionen machen möchte, bringt das ganz viele Herausforderungen. Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal ein Aerodynamikpaket verbaut, an Front- und Heckflügel. Wenn da noch nicht viel Erfahrung im Team vorhanden ist, muss sich da viel eingearbeitet und ausprobiert werden.

Der Jungreporter: Wie oft nehmt ihr an den Rennen der Formula Student teil und macht es Spaß?

Dario: Letztes Jahr haben wir nur an einem Rennen in Deutschland teilgenommen, dieses Jahr haben wir die Chance an zwei Rennen teilzunehmen. Die Rennen in Europa konzentrieren sich eigentlich von Mitte Juli bis Anfang September. Klar macht es Spaß, aber es ist auch eine Menge Arbeit. Letztes Jahr sind wir um halb 7 aufgestanden, haben um 7 Uhr in der Box gestanden, haben bis 23:00 Uhr durchgearbeitet. Danach sind wir noch mit anderen Teams ein Bier trinken gegangen, geschlafen und direkt am Morgen weitergemacht. Es ist schon harte Arbeit gewesen, aber der Spaßfaktor spielt da eine große Rolle. Wir waren letztes Jahr in Belgien auf einem Pre-Event, dort haben wir das Team aus Göttingen kennengelernt. Wir waren letzte Woche auch auf ihrem Roll-Out, es sind richtige Freundschaften entstanden. Als ich das erste Mal auf einem Rennen in Belgien war, dachte ich, ich darf kein anderes Auto anschauen. Wegen Ideenklau. Danach habe ich aber gemerkt, dass man mit den Leuten auch über sehr viele Details reden kann, über die man im ganz normalen Automobilbau nicht sprechen würde. Es ist alles völlig offen, man merkt, dass es ein studentischer Wettbewerb ist. Jeder Mensch in diesem Wettbewerb hat Lust daran, sein Wissen weiterzugeben. Es ist nicht nur Spaß, sondern auch jede Menge Arbeit, abends mit neu gewonnen Freunden ein Bier trinken zu gehen gehört aber auch immer dazu.

Kian: Das Coole ist, dass wenn man auf mehreren Events ist, man schon nach zwei Wochen Menschen wiedertrifft, die aus ganz Europa kommen. International begegnet man auch zum Beispiel das australische Team, es ist toll, dass man wie eine Familie hat, die man dann wiedertrifft.

Das aktuelle Rennauto “Lammarck”, Bild: Evolution Racing

Der Jungreporter: Euer Rennwagen ist seit einigen Jahren elektrisch. Habt ihr dadurch Vorteile?

Kian: Ja, auf jeden Fall. Im Durchschnitt sind die Elektroautos um ein gutes Stück schneller als alle Verbrennerautos. Der Spaßfaktor ist meiner Meinung nach auch um einiges höher, sie können eine höhere Beschleunigung erfahren. Was eine große Rolle spielt ist, dass man viel mehr selber machen kann. Solange man nicht den Motor zusammen mit einer großen Firma entwickelt, ist man viel freier. Die Steuergeräte, die Platine und die Boards selbst einrichten und anbringen ist bei anderen Teams nicht möglich, sofern sie ein Verbrennerauto bauen. Auch bei den Motoren kann man viel mehr machen und lernen. Erfahrungen im Bau von Elektroautos kann man dann auch in der Industrie gebrauchen.

Der Jungreporter: Ihr müsst euch beim Bau an gewissen Regeln halten. Sind alle diese Regeln sinnvoll?

Kian: Alle Regeln sind auf jeden Fall nicht sinnvoll. Viele Regeln entstehen aufgrund von Teams, die Schlupflöcher finden. Jedes Jahr werden die Regeln angepasst. Wir selber sind schon für einige Regelspezifizierungen zuständig gewesen. Letztes Jahr gab es ein ziemlich großes Drama wegen unserem Akku. Unser wurde als einer der Besten gelobt, aber Plastik ist explizit verboten. Wir haben mit Klimaschranken-Tests bewiesen, dass unser Material sichererer ist als das, welches Formula Students Germany vorschreibt. Das sind Sachen, da lässt es sich viel streiten. Aber im Großen und Ganzen machen die Regeln Sinn.

Der Jungreporter: Wie weit seid ihr mit eurem aktuellen Auto?

Dario: Wir haben unser Fahrzeug ausstellbar gebaut. Unser Auto ist bereits vorgestellt, aber im Hintergrund passieren immer noch viele Dinge. Die Elektronik ist immer noch am Programmieren, auch ist uns aufgefallen, dass die Halterung von Front- und Heckflügel nicht ganz optimal ist. Es gibt noch mehrere Kleinarbeiten zu tun, zum Beispiel die Firewall, die den Fahrer vor einem Feuer schützt. Diese muss noch angeklebt werden. Es sind kleine Arbeiten die vielleicht nur fünf Minuten dauern, doch wenn man 200 davon hat, sind es locker zwei oder drei Nächte, die man noch investieren muss.

Der Jungreporter: Wie werbt ihr Nachwuchs für euren Verein an?

Dario: Wenn wir die Möglichkeit dazu haben, stellen wir das Auto irgendwo aus. Mit Schulbesuchen versuchen wir, Studienberatung zu leisten und auch die Schüler für Ingenieurswissenschaften zu begeistern. In den Schulen stellen wir unser Team vor, sowie in Erstsemester-Veranstaltungen. Die Professoren geben uns 20 Minuten von ihrer Vorlesung Zeit, um eine Präsentation durchlaufen zu lassen. Wir erzählen, was man bei uns alles machen kann.

Der Jungreporter: Danke für das Gespräch!

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