Sündenbock Kreuzfahrt

In den vergangenen Jahrzehnten wuchs der Markt für Kreuzfahrten stetig an. Heute boomt das Geschäft wie nie zuvor. Allein im letzten Jahr buchten über zwei Millionen Deutsche und mehr als 25 Millionen weltweit einen Urlaub auf einem der Mega-Dampfer. Die deutsche Kreuzfahrtindustrie erzielte letztes Jahr etwa vier Milliarden Euro Umsatz und neuste Flaggschiffe der Reedereien sind auf dem Weg in internationale Gewässer.

Allerdings leiden die Reedereien unter einem schweren Imageproblem, denn die Schiffsreisen sind alles andere als vorbildlich ökologisch und somit geraten Kreuzfahrtgesellschaften, aber auch Kreuzfahrttouristen gerne ins Moralkreuzfeuer von Naturschützern und Umweltaktivisten. Das ist teilweise auch nachvollziehbar, denn die Schiffe stoßen auch eine Menge Dreck aus. Die größten Dampfer spucken auf einem 24-Stundentrip zum Beispiel etwa sieben Tonnen Schwefeloxide und fünf Tonnen Stickoxide in die Luft. Hinzu kommen rund 500 Kilogramm Kohlenstoffdioxid und 500 Kilogramm Ruß. Klar, die Riesen fahren ja auch großteils mit Schweröl und vor allem auf älteren Schiffen werden kaum Schadstofffilter verwendet, da auf offenen Gewässern dazu keine Verpflichtung besteht. Hinzu kommt, dass die Motoren auch teilweise laufen, wenn die Schiffe in den Häfen liegen, um Energie zu produzieren. So überrennen nicht nur Tausende Touristen die Hafenstädte, es wird auch noch die Luft verpestet. Dagegen wirken unsere Bemühungen zum Umweltschutz fast wie ein Witz: In Hamburg wird eine Straße wegen Feinstaubwerten gesperrt und etwas weiter daneben schippern riesige Schiffskolosse dahin. So zumindest lautet die Hiobsbotschaft vieler Naturschützer. Aber Ist das wirklich ein Grund sich jetzt die Hosen einzunässen und die Urlaubsschiffe für immer zu verbannen? Nicht unbedingt!

Der NABU Deutschland führte einst eine Studie durch bei der herauskam, dass ein Schiff so schädlich wäre wie 4 Mio. Pkws. Allerdings stellte ein Schifffahrt-Experte an der FH in Flensburg aus Skepsis dazu weiter Forschungen an, wobei Folgendes zutage kam: Es wurde ein Schiff, das 24 Stunden unterwegs ist mit Autos verglichen, die gerade mal 30 Minuten am Tag gefahren werden. Ein etwas fehlerhafter Vergleich also. Wie oben angeführt zeigen die Zahlen, dass Schiffreisen nicht gerade aktiv zur gesunden Umwelt beitragen, jedoch erschrecken die Zahlen einzig und allein durch ihre schiere Größe und werden nicht in Relation gestellt. Ein 200.000 Tonnen schweres Schiff, welches auf einem 24 Stunden Trip laut Schiffsingenieur 150 Tonnen Treibstoff verbraucht und an die 5000 Passagiere befördert, ist in seiner Bilanz sehr wohl effizienter als ein SUV, der im Verhältnis von Treibstoff zu Gewicht mehr verbraucht um dieselbe Strecke mit vielleicht zwei bis drei Passagieren zurückzulegen. Zumal meistens etwa überhaupt nur 2 bis 3 Leute auf ein Auto kommen aber pro Schiff rund vier bis fünf Tausend Passagiere gerechnet werden können. Würden all Diese Leute dieselbe Strecke mit dem Auto zurücklegen, würde sogar noch mehr Sprit verbraucht, als es das Schiff es tut. Zudem wird auf dem Schiff damit nicht nur der Motor betrieben, sondern quasi eine halbe Kleinstadt mitsamt Unterhaltungsmaschinerie, Verpflegungslogistik und vielem mehr.

Die MSC Fantasia im Hafen von Mallorca, Foto: Valentin Krech

Des Weiteren gibt es weltweit nur rund 500 Kreuzfahrtschiffe, jedoch viele tausende Handelsschiffe, aber niemand beschwert sich, wenn er mal bequem von zuhause aus Klamotten aus China her ordert und quasi einem Stück Stoff eine Weltreise per Containerschiff bezahlt. Allerdings zeigen sich auch Meeresschützer zunehmend besorgt mit der Behauptung, sämtliche Abfälle aus Toiletten, Essensresten, dreckige Abwässer, Plastik und viele mehr würden einfach unterwegs im Meer entsorgt. Diese Annahme ist jedoch schlichtweg falsch und geht auf dunkle Gerüchte aus früheren tagen der modernen Schifffahrt zurück. Müll wird Strengstens sortiert und noch an Bord gepresst, um am Hafen von Entsorgungsunternehmen einer fachgerechten Entsorgung zugeführt zu werden und bestimmter Müll wird zum Teil noch an Bord verbrannt, woraus dann Energie gewonnen wird. Abwässer werden in einer Kläranlage an Bord wiederaufbereitet, oder wenn sie zu dreckig sind, in Tanks geleitet und zur Stabilisierung des Schiffes genutzt bis sie im Hafen abgepumpt werden können. Zudem wird Plastik vermieden durch wiederauffüllbare Seifen- und Shampoospender in den Kabinen, oder durch Verzicht auf zimmereigene Minibars. Die Rederei Costa Crociere appelliert mit Plakaten in Buffetrestaurants an ihre Gäste verantwortungsvoll mit dem Essen umzugehen, um die Verschwendung gering zu halten.

Allerdings wirkt das bei Umweltaktivisten nur selten beruhigend. Deshalb ist der Grund warum Kreuzfahrten so verhasst sind, dass sie entbehrlich sind, oder zumindest so wirken. Man könnte ja auch einfach anderorts und ohne Schiff Urlaub machen. Stimmt schon. Allerdings neigt Umweltschutz oft zum Absolutismus, also alles oder nichts und es geht nicht ohne Opfer zu bringen. Wir vergessen, Kreuzfahrten sind eine Blüte der Wirtschaft. Sie spülen also Geld in die Kassen, besonders in die der Hafenstädte; wobei man nicht vergessen darf, dass einige Städte wie etwa Venedig ein Problem mit zu vielen Touristen haben. Eine In der italienischen Hafenstadt Genua durchgeführte Studie zeigt, dass ein Passagier am Tag etwa fünfzig Euro in der Stadt ausgibt. Das sind pro Schiff rund 175.000 Euro, zumal mehr als ein Schiff am Tag anlegt. so kann auch die lokale Wirtschaft prinzipiell profitieren, allerdings muss man differenzieren, ob das Geld nicht wieder an Monopolkonzerne zurückfließt.

Doch auch viele tausend Arbeitsplätze bieten die Schiffe. Bis zu 1000 Mann Besatzung können auf großen Luxuslinern Arbeit finden. Auch hier finden Aktivisten einen Ansatz und meinen, billige Arbeitskräfte aus Asien würden auf den Schiffen ausgebeutet. Es stimmt, dass die Reedereien viele asiatische Arbeitskräfte einstellen und diese wirklich nicht fürstlich bezahlen. Jedoch werden viele der Besatzung freiwillig angeheuert, da der hier geringe Lohn in ihrem Heimatland einen guten Verdienst darstellt und da die meisten nicht in Europa ansässig sind und auch von der Reederei versorgt werden. So können viele ihre Familien in der Heimat gut versorgen. Allerdings muss man einräumen, dass die Arbeit oft körperlich anstrengend ist und sehr viel gearbeitet wird. Ob das niedrige Gehalt dennoch gerechtfertigt ist steht tagtäglich zur Debatte bei vielen Menschenrechtschützern und Wirtschaftsvertretern.

Kreuzfahrtschiffe prägen die Stadtbilder – wie hier in Lissabon, Foto: Fabius Leibrock

Es muss also trotzdem immer noch eingeräumt werden, dass große Schiffe keine Umweltengel sind. Andererseits soll zukünftiger Fortschritt der Technik Abhilfe schaffen. Moderne Flaggschiffe der Reedereien nutzen nun einen Flüssiggas-Antrieb, welcher effizienter als alte Antriebe ist und sämtliche Emissionen auf ein Minimum reduziert. Hier wird oft kritisiert, dass die Flüssiggasschiffe bloß einen kleinen Teil der Kreuzfahrtriesen ausmachen, und das stimmt. Allerdings ist der Antrieb In der Nachrüstung auf ältere Schiffe teuer und kann nur schrittweise kommerzialisiert werden, doch Reedereien haben daran durchaus Interesse, da ein besseres, bzw. saubereres Image der Industrie mehr Touristen verspräche. Zudem soll in den Häfen die Energie nicht mehr aus dem laufenden Motor, sondern aus der lokalen Stromversorgung genutzt werden, um Luftverschmutzung in Städten zu minimieren.

Man könnte noch ewig weitere Aspekte finden, doch letzendes verwandeln diese ein Schiff auch nicht in ein ökologisches Paradies. Dennoch ist es keineswegs gerechtfertigt die Kreuzfahrtindustrie für Klimaprobleme hinhalten zu lassen, zumal sie nur einen recht geringen Teil der Schifffahrt ausmacht. Falsch wäre also; Kreuzfahrten und die damit profitable Wirtschaft verschwinden zu lassen, zumal das sowieso ein komplett unrealistisch umzusetzender Schritt wäre. Zielführend ist dagegen der Vorantrieb der benutzen Schiffstechnik und Schiffe umweltfreundlicher zu machen und dazu Emissionsrestriktionen In Häfen sowie auch bessere Aufklärung über Verschwendung und Sparsamkeit bei den Passagieren. Doch vor allem bedarf es Verständigung zwischen Aktivisten und Reedereien, denn oft hakt es da an der Bereitschaft aufeinander einzugehen, da sich gegenseitig gerne Vorwürfe gemacht werden. Es liegt an jedem einzelnen, seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und jenen Beitrag mit dem gewissen gerecht werden zu lassen. Doch es steht fest, auch wenn die Kreuzfahrtschiffe keineswegs grüne Engel sind, ist es bloß ein Abwälzen des Problems, wenn man sie zu Sündenböcken der Klimaproblematik erklärt.

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