Saarbrücker Folsterhöhe plötzlich im Rampenlicht

Foto: Francesco Zimmermann

Eine Reportage über die Lebensverhältnisse in Saarbrücken macht derzeit die Runde: “Saarbrooklyn: Der Randbezirk der Gesellschaft”, so der Name der Reportage von Spiegel TV vom 15.07.19, die für den Außenbetrachter ein negatives Bild auch von der Folsterhöhe zeichnet.
Direkt zu Beginn des rund 25-minütigen Videos ist die Siedlung Folsterhöhe zu sehen, mitten im Bild ein großes, älteres Hochhaus. Zugegebenermaßen wirkt das Gebäude ziemlich heruntergekommen – doch ist es das wirklich immer noch nach Renovierungsmaßnahmen auf der Folsterhöhe 2017? Oder wurden ältere Aufnahmen gezeigt? Wir wollten uns selbst ein Bild des angeblichen Problemviertels machen und haben uns vor Ort umgeschaut.

Blick auf einen Balkon, Foto: Francesco Zimmermann

Wir fahren mit dem Bus aus der Saarbrücker Innenstadt zur Folsterhöhe. Im 15-30 Minuten Takt verkehren Busse, die Anbindung ins Stadtzentrum ist also schon mal kein Problem.
Auf den ersten Blick scheint es, dass alle Häuser aus den 60er Jahren modernisiert wurden. Doch das trügt, eins der größten Hochhäuser fällt negativ aus dem Rahmen, alle anderen wurden bis Ende 2017 saniert. Das besagte Hochhaus im Königsbruch ist heruntergekommen, verschimmelter Putz und nackter Stahlbeton finden sich an vielen Fassadenstellen. Vor dem Haus entdecken wir aufgebrochene Briefkästen, die Wiese hinter dem Haus ist Müllabladeort für verschimmelte Brotscheiben, kaputte Blumentöpfe und benutzte Windeln. Damit nicht genug. Treppenhäuser und Fahrstühle sind verdreckt und mit asozialem Graffiti beschmiert.

Allerdings berichtet uns eine langjährige Mitarbeiterin der Ökumenischen Sozialstation Alt-Saarbrücken mit Sitz auf der Folsterhöhe nur Positives: “Unsere Mitarbeiter konnten zu allen Zeiten hier problemlos arbeiten, wir sind abends spät und morgens früh unterwegs, es gab nie irgendwelche Übergriffe. Die Bewohner haben ein grünes Wohngebiet, super Spielplätze für die Kinder und eine gute Busanbindung. Außerdem gibt es hier eine Apotheke, einen Doktor und Einkaufsmöglichkeiten.” (zitiert aus dem Gedächtnisprotokoll)
Als wir auf die Reportage von Spiegel TV zu sprechen kommen, schildert sie uns die Gegebenheiten von dem unsanierten 13-stöckigen Hochhaus: “Die Menschen, die in der Reportage gezeigt wurden, halten sich im Bereich des unsanierten Hochhauses im Königsbruch, also dem Querbau, auf oder wohnen dort. Der ist innen drin wirklich schlimm. Die Aufzüge sind vermalt, die Kakerlaken sind dort im Haus, aber deshalb kommt jetzt auch die Sanierung. Ansonsten ist die Folsterhöhe ein gutes Wohngebiet.” (zitiert aus dem Gedächtnisprotokoll)

Dann treffen wir auf einen etwa 14-jährigen Anwohner vor einem der sanierten Gebäude und befragen ihn als hier Aufgewachsenen zu seiner Meinung über die Folsterhöhe: “Die Wohngegend finde ich ganz gut, aber hier gibt es ein paar Leute, die abgestürzt sind”, ca. 80% der Bewohner in dem alten Hochhaus, schätzt er. Auf die Frage, wie gefährlich es hier sei, antwortet er: “Wenn man kein Stress anfängt, dann passiert auch nix.”

Fassade eines der sanierten Hochhäuser, Foto: Francesco Zimmermann

Wir kommen zu dem Resultat, dass die Spiegel TV-Reportage also eine eher überspitzte Darstellung über die Folsterhöhe zu sein scheint. Für die Zuschauer hinterlässt die Reportage vielleicht einen erschreckenden Eindruck über das dortige Leben. Für die – zumindest die von uns befragten – Ansässigen ist der Alltag auf der Folsterhöhe anscheinend mehr als erträglich.


Spiegel TV-Reportage “Saarbrooklyn: Der Randbezirk der Gesellschaft”

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