Die Schuman-Erklärung – Meilenstein für die europäische Integration

Robert Schuman als Präsident des Europäischen Parlamentes

Robert Schuman gab vor genau 70 Jahren, am 9. Mai 1950, eine wichtige Erklärung ab. Die sogenannte „Schuman-Erklärung“ gilt als Geburtsstunde der europäischen Integration und damit der heutigen Europäischen Union. Dieser Tag wird nun als Europatag gefeiert. Was forderte Schuman konkret, wer war er und wie ging es in Europa weiter?

Am 9. Mai 1950 veröffentlichte die französische Regierung eine Erklärung, die die Erschaffung einer gemeinsamen hohen Behörde forderte, die zukünftig die Kontrolle über die gesamte deutsch-französische Kohle- und Stahlproduktion innehatte. Der Zweite Weltkrieg war erst fünf Jahre zuvor beendet worden. Ganz Europa war mitten im Wiederaufbau, die Bundesrepublik existierte zu diesem Zeitpunkt seit knapp einem Jahr. Krieg und Zerstörung blieb jedem in Erinnerung. Robert Schuman erarbeitete deshalb zusammen mit dem Unternehmer Jean Monnet den Vorschlag aus, die Produktion von Stahl und Kohle innerhalb Europas zu verallgemeinern. Diese bildeten nämlich die Grundlage für eine militärische Aufrüstung und somit für Krieg. Er erklärte es so: „Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, dass jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist.“

Die Zollpflicht für diese Güter sollte ausgesetzt und einheitliche Frachttarife geschaffen werden. Nicht nur Deutschland, sondern auch andere europäische Staaten wurden dazu eingeladen, an diesem Vorschlag teilzuhaben. Zwei Tage zuvor, am 7. Mai 1950, wurde der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer in einem Schreiben über die Erklärung informiert. Nach der öffentlichen Erklärung stimmte Deutschland unter liberal-konservativer Bundesregierung dem Vorschlag zu und zeigte sich für Verhandlungen bereit. Auch andere europäische Staaten wie Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg nahmen an den Verhandlungen teil. Am 18. April 1951 wurde die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) von den sechs Gründerstaaten verabschiedet. Die EGKS, auch Montanunion genannt, trat am 23. Juli 1952 in Kraft. An der Spitze der Hohen Behörde der EGKS stand Jean Monnet, der zusammen mit Robert Schuman einen bedeutenden Anteil an der Idee der EGKS hatte.

Die Staats- und Regierungschefs kurz nach der Unterzeichnung des Vertrages zur Gründung der EGKS
Bild: © Communautés européennes 1950 1959 – EP

Robert Schuman war von Anfang an europäisch geprägt. Er wurde 1886 in Luxemburg unter deutscher Staatsbürgerschaft geboren. 1919 wurde er Franzose und studierte unter anderem Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Deutschland und Frankreich. Nach Tätigkeiten als Anwalt in Metz wurde er nach dem Ersten Weltkrieg Abgeordneter in der französischen Nationalversammlung für das départment Moselle. Vor dem Zweiten Weltkrieg war er in der französischen Regierung tätig und später im französischen Widerstand. Infolgedessen geriet er in deutscher Gefangenschaft, konnte sich aber 1942 befreien und blieb bis Kriegsende innerhalb des Vichy-Regimes, der „freien Zone“ Frankreichs, im Untergrund. Seine Erfahrungen hinderten ihm aber nicht, seine Vision von einem friedvollen und geeinten Europa fortzutragen. Mit seinem Engagement ab 1948 als französischer Außenminister setzte er die entscheidenden Impulse zur europäischen Integration, die in den Jahrzenten danach noch weitergehen sollte. Vom Europäischen Parlament, dessen Präsident er von 1958 bis 1960 war, wurde er als „Vater Europas“ ausgezeichnet. Er starb 1963 in der Nähe von Metz.

Nach der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl erschufen die Römischen Verträge im Jahre 1957 die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM). Mit der EWG wurden die Zölle innerhalb derselben sechs Gründungsstaaten der EGKS abgeschafft, ein freier Kapital-, Dienstleistungs- und Personenverkehr wurde eingerichtet sowie eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten eingeführt. 1967 trat der sogenannte „Fusionsvertrag“ in Kraft. Die Kommissionen und Räte der verschiedenen Gemeinschaften wurden zusammengelegt und es entstand zu ersten Mal eine „Europäische Kommission“, die über die verschiedenen Gemeinschaften stand, die rechtlich getrennt voneinander existierten. Der größte Integrationsschritt wurde mit dem Vertrag von Maastricht begründet. Der 1992 verabschiedete „Vertrag über die Europäische Union“ führte die Europäische Union als Zusammenschluss der Europäischen Gemeinschaften mit einer verstärkten gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie einer tieferen juristischen und polizeilichen Zusammenarbeit ein. In den darauffolgenden Jahren wurde Europa weiter integriert, zum Beispiel mit der Aufnahme vieler neuer EU-Mitgliedsstaaten, das Inkrafttreten des Schengener Abkommens 1995 und der Einführung des Euros im Jahr 2002. Der Vertrag von Lissabon im Jahre 2007 fasste zuletzt viele europäische Organe, darunter auch die Europäischen Gemeinschaften unter dem Namen der Europäischen Union zusammen.

Europa steht aktuell und in naher Zukunft vor großen Herausforderungen. Die europäische Einigkeit und Solidarität dürfen in den nächsten Monaten und Jahren nicht abnehmen. Aufstrebender Nationalismus und Populismus schadet der europäischen Integration enorm. Robert Schuman und andere Persönlichkeiten haben für dieses vereinte Europa gekämpft. Europa hat einen weiten Weg hinter sich. Deshalb ist es wichtig, sich daran erinnern, wer wir sind. Denn wir sind alle Europäer.

Beitragsbild: © European Union – EP

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